Kommentar zu MAITHINK X: Das Ende der Homöopathie

Worum geht es?

Homöopathie ist ein „Feind“, den Mai Thi Nguyen-Kim zerstören will, was die wissenschaftliche Herangehensweise in Frage stellt. Sie hat zwar mal eine der Naturwissenschaften (Chemie) studiert, ist aber nicht mehr in der Forschung tätig und heute Wissenschaftsjournalistin für alle Naturwissenschaften, Recht und Medizin.

Mai Thi Nguyen-Kim sagt, dass sie noch nie einen überzeugten Homöopathen überzeugen konnte.

Vermutlich weil sie Wissenschaft mit Logik verwechselt und daraus gebildete Hypothesen nicht prüft. Logik basiert immer auf dem aktuellen Stand der Erkenntnis und der wandelt sich ständig. Wissenschaftliche Arbeit dagegen besteht daraus eine Arbeitshypothese aufzustellen und die dann experimentell zu überprüfen.

Die experimentelle Überprüfung der Hypothese „Homöopathie kann nicht wirken“ bleibt MAITHINK X schuldig.

Wissenschaft/ Naturwissenschaft

Mai Thi Nguyen-Kim glaubt wissenschaftlich zu argumentieren, verwendet aber lediglich die Logik einer Wissenschaft des letzten Jahrhunderts. Die Sendung „Das Ende der Homöopathie / Maithink X“ greift ein 200 Jahre alte Narrativ auf und versucht mit den ebenso alten Argumenten die Homöopathie als nicht wissenschaftlich zu diffamieren. Neuere wissenschaftliche Forschung wird konsequent ignoriert oder im Sinne des Titels der Sendung interpretiert.

Ein Wissenschaftler muss klar definieren, worüber er spricht. Hier wird angeblich über Homöopathie gesprochen, tatsächlich wird hier immer nur ein Teil der Homöopathie herausgegriffen und beliebig gemischt, die jeweiligen Argumente werden unwissenschaftlich verallgemeinert.

Eine Grundvoraussetzung für wissenschaftliches Arbeiten ist Ergebnisoffenheit. Andernfalls  können die Ergebnisse schon im Experiment durch Selektion verfälscht werden. Experimente werden in der Show und im Vorfeld keine durchgeführt, nur mit weißem Kittel die Herstellung von Verdünnungen symbolisiert.

Homöopathie dagegen ist tatsächlich Wissenschaft, die auf Experimenten aufgebaut ist und eine Jahrtausende alte Erfahrung des Menschen widerspiegelt.

Homöopathische Arzneimittelprüfung

Hahnemann war Wissenschaftler und seiner Zeit weit voraus. Er war der erste, der Arzneimittel am Menschen geprüft hat und gilt als Vorreiter der klinischen Studie. Das Ähnlichkeitsprinzip wurde schon von Hippokrates beschrieben und Hahnemann wollte wissen, welche Substanzen welche Vergiftungssymptome auslösen. Dazu musste er an Gesunden die Symptome auslösen, aber ohne sie zu vergiften. Deshalb hat er die Stoffe verdünnt und das soweit, dass, wie er wusste, von der Ausgangssubstanz in der Verdünnung physikalisch praktisch nichts mehr vorhanden sein konnte. Mit diesen sehr hohen Verdünnungen hat er dennoch Symptome beobachten können, ohne zu erklären, wie das funktionieren kann. Natürlich hat er die Methode, wie er seine Arzneimittel hergestellt hat, als herausragender Wissenschaftler ganz genau protokolliert. Um seine Ergebnisse zu reproduzieren, sollte man die protokollierten Schritte exakt wiederholen, denn er wusste nicht, welcher dieser Schritte für das Ergebnis wichtig war.

Die homöopathische Arzneimittelprüfung notiert sämtliche Befindlichkeiten nach einem Fragenkatalog, bzw. Checkliste und wird heute doppelblind durchgeführt. Symptome eines Einzelnen werden notiert, sind Teil des Arzneimittelbildes, aber manche nur ein sehr kleiner Teil. Mit anderen Worten: Die homöopathische Arzneimittelprüfung ist heute eine klinische Doppelblindstudie am Gesunden.

Sich darüber lustig zu machen, ist keine wissenschaftliche Herangehensweise. Jeder weiß, dass in Hochpotenzen, und nur da, die Verdünnung so hoch ist, dass von der Ausgangssubstanz rechnerisch keine Moleküle vorhanden sind. Das wusste schon Hahnemann. Dennoch sind Wirkungen nachgewiesen, sogar in Doppelblindstudien an Gesunden. Das ist Wissenschaft.

Arzneiliche Wirkung

Die arzneiliche Wirkung von Homöopathie ist keine pharmakologische Hemmung oder Substitution physiologischer Regelungsprozesse. Es ist eine Reiztherapie, die vorhandene Reaktionsmuster auslösen kann, aber nicht muss. Um wirksam sein zu können muss die gewünschte Reaktion möglich sein und der richtige Reiz gefunden werden. Das macht die Anamnese so aufwendig. Es ist so, als ob man auf einem Panel mit 1000 Knöpfen den einen sucht, der das Licht anschaltet.

Dass der Körper auf Reize reagiert ist banal und wird medizinisch z.B. beim Abhärten durch Kalt-Warm-Reize, Balneotherapie etc. genutzt. Jeder Reiz führt bei einem reagierenden System zu einer Adaptation.

Homöopathie

Heute finden wir zwei Definitionen von Homöopathie, die klar zu unterscheiden sind:

Die klassische Homöopathie definiert die homöopathische Arzneimittellehre über die Anwendung entsprechend der individuellen Symptome.

Das Arzneimittelgesetz definiert homöopathische Arzneimittel über die Herstellung (§4 Abs. 26). Ob etwas Arzneimittel ist, wird in § 2 AMG über die Zweckbestimmung definiert. Wenn also Globuli zur Linderung und Heilung von Krankheiten angewandt werden, sind es Arzneimittel. Bei gleicher Herstellung und anderer Zweckbestimmung sind es keine Arzneimittel.

Ob sie in der Kombination mit anderen Inhaltsstoffen eines Eistees eine homöopathische Wirkung entfalten oder die homöopathische Wirkung verloren geht, müsste experimentell geprüft werden. Auf keinen Fall ist der Eistee ein homöopathisches Arzneimittel, weil er nicht nach einer homöopathischen Vorschrift hergestellt wird und nicht die Zweckbestimmung von Arzneimitteln hat. Coffein z.B. kann Arzneimittel sein, in entsprechender pharmakologischer Dosis und Zweckbestimmung oder Nahrungsmittel im Kaffee.

Die Basis von Homöopathie ist nicht nur „potenziertes Wasser“

Die zitierte Studie „Homöopathie, 2013 Jan;102(1): 25-30 über Thyroxin“ hätte durch eine jüngere Studie ersetzt werden können: Homöopathie, Okt. 2015;104(4):250-6. Beide Studien sind nicht mit einer postulierten Wirkung von Abwasser zu vergleichen da die Größe, Dauer und Häufigkeit der Anwendung des homöopathischen Arzneimittels eine wichtige Rolle spielt. Sie belegen auch keineswegs die Wirkung von homöopathischen Arzneimitteln im Abwasser. Vermischt und verdünnt man homöopathische Arzneimittel mit anderen Substanzen, ob homöopathisch hergestellt oder nicht, kann sich deren Wirkung verlieren. Gerade bei Hochpotenzen zeigt die Erfahrung, dass die Wirkung durch stark riechende oder schmeckende Substanzen gelöscht werden kann. Ein Grund, warum dann auf stark gewürzte oder stark riechende Nahrung verzichtet wird.

Eine homöopathische Arnica-Lösung wird beispielsweise nicht mit Wasser, sondern mit 86% (m/m) Ethanol nach Vorschrift 4a hergestellt. Werden solche Potenzen mit Schmutzwasser verdünnt, wird sich die Wirkung verlieren und es sind keine homöopathischen Arzneistoffe mehr.

Wasser

Die Eigenschaften von Wasser sind auch nicht so eindeutig bekannt, wie in der Sendung postuliert wird.

https://idw-online.de/de/news798163 vom 08.07.2022

Potentialflächen von Wasser erstmals kartiert

Dr. Antonia Rötger Kommunikation
Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie GmbH

„Wasser ist die bekannteste Flüssigkeit der Welt. In allen biologischen und vielen chemischen Prozessen spielt Wasser eine entscheidende Rolle. Die Wassermoleküle selbst bergen kaum noch ein Geheimnis. Schon in der Schule lernen wir, dass Wasser aus einem Sauerstoff-Atom und zwei Wasserstoff-Atomen besteht. Wir kennen sogar den typischen stumpfen Winkel, den die beiden O-H-Schenkel miteinander bilden. Außerdem wissen wir natürlich, wann Wasser kocht oder gefriert und wie diese Phasenübergänge mit dem Druck zusammenhängen. Aber zwischen der Kenntnis des einzelnen Moleküls und dem Wissen über die makroskopischen Phänomene klafft ein weiter Bereich des Ungefähren: Ausgerechnet über das Verhalten der einzelnen Moleküle in ganz normalem flüssigem Wasser ist nur Statistisches bekannt, die Wassermoleküle bilden ein fluktuierendes Netz aus Wasserstoffbrücken, ungeordnet und dicht und ihre Wechselwirkungen sind überhaupt nicht so gut verstanden wie im gasförmigen Zustand.“

In einem geschlossenen System ändert sich der pH-Wert einer Lösung nicht. Das einzelne Wasserstoffion existiert aber nur Millisekunden, die Anzahl bleibt gleich. Das Gleiche gilt für die Temperatur, welche die mittlere Geschwindigkeit der Teilchen wiedergibt. Solange kein Austausch mit der Umwelt stattfindet, bleibt die mittlere Geschwindigkeit der einzelnen Teilchen gleich. Die einzelnen Teilchen dagegen ändern die Geschwindigkeit ständig……

Komplexmittel

Globuli sind Teil der Homöopathie und nur ein kleiner Teil der homöopathischen Arzneimittel. Den größeren Anteil am Arzneimittelmarkt machen Komplexmittel aus, in denen homöopathisch hergestellte Arzneistoffe kombiniert werden. Die vier am häufigsten verwendeten Stoffe in Komplexmitteln sind Weißdorn Urtinktur (Crataegus ø) und Echinacea Urtinktur (Echinacea ø), die sich praktisch nicht von der phytotherapeutischen Herstellung unterscheiden und bei den gleichen Erkrankungen wie in der Phytotherapie angewandt werden. Dann folgen die Alkaloiddrogen Belladonna (Tollkirsche) und Aconitum (Eisenhut) in der D4. Diese Pflanzen wurden früher auch phytotherapeutisch angewandt, bargen aber das Risiko von Vergiftungen, welches durch die Verwendung einer D4 minimiert wird.

Bis auf wenige Ausnahmen enthalten Komplexmittel Verdünnungen, die auch für körpereigene Substanzen typisch sind. Die Konzentration von Thyroxin im menschlichen Körper entspricht einer D9, es ist also gar nicht so unwahrscheinlich, dass neben der Potenzierung auch die Ausgangssubstanz eine Reizwirkung ausübt.

Komplexmittel sind auch Homöopathie und werden mit keinem Wort erwähnt. Es würde ja das Narrativ der Sendung zerstören.

Diplombiologe Dr. rer. nat. Martin Diefenbach (wissenschaftlicher Beirat der fakom)

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